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ellipsoid episodes - Ein Kurzfilm von Julia Zinnbauer




Nachdem es in meinem letzten Video mit dem Titel „Dimmi dove vanno“ (2010) um typische Bilder aus Agentenfilmen ging, so nimmt „ellipsoid episodes“ nun den Betrachter zusammen mit der Protagonistin mit auf eine Reise in den Weltraum und spielt dabei auf diverse alte Science-Fiction-Filme an. Die Basis beider Kurzfilme ist meine Auseinandersetzung mit der Architektur der Nachkriegsmoderne, die einen großen Einfluß darauf hat, wie ich Kleider und Kostüme entwerfe.



In „ellipsoid episodes“ geht es um Schwerelosigkeit, Teleportation, technische Pannen, coole Outfits, wilde Tanzszenen, um das Abgeholtwerden aus der Realität und um den Flug in andere Dimensionen. Die Frage, ob die Weltraumabenteuer der Protagonistin nur ein Traum sind, wird am Ende jedoch ganz konkret beantwortet. Denn darum geht es mir bei all meinen Projekten: der Realität etwas Phantastisches abzugewinnen.




„ellipsoid episodes“ ist, wie es der Titel schon verrät, ein Episodenfilm, wobei die Ellipse hier nicht nur für das Ufogebäude steht, sondern auch als Stilmittel eingesetzt wird. Durch Sprünge in der Handlung wird nicht die ganze Geschichte erzählt, der Betrachter kann den Handlungsverlauf aber dennoch nachvollziehen.

Wer einmal in einem Futuro gesessen hat, in der ufoförmigen Fiberglaskapsel, die Matti Suuronen in den Sechzigerjahren entworfenen hat, der wird mir glauben, daß ich nach meiner Begegnung mit diesem Ellipsoid gar keine andere Wahl hatte, als ein Video zu drehen. Die Form des Gebäudes, die Atmosphäre, das Sonnenlicht, das durch die elliptischen Fenster ins Innere der Kapsel fiel, das Orange das mich dort umgab, alles plädierte dafür, einen Schwung Kleider zu entwerfen und mir Gedanken über eine Geschichte zu machen.
 

Hin und wieder entdecke ich ein Gebäude, das mich so sehr begeistert, daß es mir fortan nicht mehr aus dem Sinn geht. Wie ein Filter legen sich die Bilder des jeweiligen Hauses über meinem Blick auf die Realität und alles andere wird von da an mit meinen Eindrücken verglichen. Die Formen des Gebäudes werden vor meinem geistigen Auge auseinandergenommen, gedreht und gewendet, verschoben und wieder zusammengestzt. In meiner Phantasie laufe ich in dem Haus hin und her, treppauf, treppab, schaue mir dort die Farben und Materialien genau an, immer wieder, bis sich nach einer Weile Ideen für ein Kleidungsstück einstellen. Dann sehe ich mich mit dem Kleidungsstück vor Ort, hin und herlaufend, die Materialien und Formen begutachtend, treppauf, treppab, und das Bild vervollständigt sich mit der Zeit immer mehr. Häufig führen diese Überlegungen zu einem Videodreh, genau so wichtig ist jedoch auch das Entwerfen von Kleidern und Kostümen, die dem Geist des Gebäudes entsprechen.

 

So wie das Futuro, in dem ich die „ellipsoid episodes“ gedreht habe, schlichtweg DAS Bild des idealen Ufos darstellt, so sollten auch die Kostüme, die ich für den Kurzfilm entworfen habe, etwas Zeichenhaftes haben. Zu bestimmten Begriffen haben wir stets ganz typische Bilder vor unserem geistigen Auge, es gibt beispielsweise DEN Geheimagenten, DEN Piloten, DIE Stewardess etc. Geprägt werden diese Vorstellungen durch Figuren aus Filmen und Büchern, die wir von klein auf kennen und denen wir in abgewandelter Form immer wieder begegnen.

Mit meinen Kostümen will ich den Figuren meiner Filme eine eigene Persönlichkeit geben, ihnen aber aber auch etwas Allgemeingültiges verleihen. Dabei arbeite ich mit Klischees, ohne in Klischees abzurutschen. Der hellblaue Raumanzug beispielsweise, der in „ellipsoid episodes“ eine Rolle spielt, soll in seiner strengen Form stellvertretend für alle Weltraumhelden vergangener und kommender Lichtjahre stehen.

„ellipsoid episodes“ ist ein kurzer Film über ein Weltraumabenteuer, aber auch ein Plädoyer dafür, die Realität mit möglichst viel Phantasie zu betrachten.
ellipsoid episodes
Ein Film von Julia Zinnbauer
Kamera, Schnitt, Kostüme, Regie: Julia Zinnbauer
Mit Sandra Labs, Patrizia Lohmann, Stefanie Pürschler, Axel Schrooten und Julia Zinnbauer
Düsseldorf 2012
12.37 min.

Zum Bericht über die Präsentation von "ellipsoid episodes" anlässlich der Eröffnung des Charles-Wilp-Museums geht es hier entlang: Link

Nachtrag: 
Nachdem ich im Rahmen des Werkstipendiums des onomato-Künstlervereins Düsselddorf die Möglichkeit hatte, mich intensiv mit Final Cut X auseinanderzusetzen, habe ich im Januar 2014 eine zweite Version von meines Kurzfilms geschnitten und sie "ellipsoid episodes reversed" genannt. Das Weltraumabenteuer wird dabei in einer etwas beschleunigteren Form noch einmal nacherzählt.